Der Biotopverbund Günztal – von der Pionierarbeit zum landesweiten Erfolgsmodell
Am 20. Juni 2024 trafen sich Vertreter*innen des Umweltministeriums, des Bayerischen Artenschutzzentrums und verschiedener Günztal Gemeinden auf Einladung der Stiftung Kulturlandschaft Günztal in einem der Kerngebiete des Biotopverbundes Günztal, in Westerheim am Rande des Hundsmoors. Anlass dieses feierlichen Termins war die Unterzeichnung der ersten Biotopverbund Partnerschaft des Umweltministeriums mit einer privaten Institution, welche Michael Nett, Vorstand und Gründer unserer Stiftung, und Ministerialdirigentin Viola Himmelsbach begingen.
Doch warum braucht es eine solche Partnerschaft? Das ambitionierte Ziel der Bayerischen Staatsregierung bis zum Jahr 2030 15 % der Offenlandfläche Bayerns Biotopfläche nennen zu können, ist ohne die Zusammenarbeit mit regionalen Partner*innen nicht zu schaffen. Das betonte auch Ministerialdirigentin Viola Himmelsbach, die von der Arbeit der Stiftung und dem Aufbau des Biotopverbundes Günztal über kommunale Grenzen hinweg beeindruckt ist. Aktuell beläuft sich die Fläche bayernweit auf 10,4 %. Innerhalb der kommenden sechs Jahre sollen also Flächen in Höhe der Hälfte der bisherigen Zahl hinzukommen. Der Erreichung dieses Zieles sehen manche Beteiligte sehr entspannt entgegen. Doch wer sich näher mit dem Thema befasst weiß, das ist eine Herkulesaufgabe.
Wer könnte hier also besser unterstützen als ein regionaler Naturschutz-Player mit jahrzehntelanger Erfahrung? Das dachte sich auch das Bayerische Artenschutzzentrum, als es vor ca. einem Jahr den Startschuss für die Zusammenarbeit mit uns zu eben diesem Thema gab. Ziel der Zusammenarbeit ist es, aus den Erfahrungen der vielen Jahre Strategien und Handlungsanweisungen herauszuarbeiten, welche anderen, neuen Akteuren beim Aufbau eines regionalen Biotopverbundes helfen und viel mühevolle Arbeit ersparen können. Die Leiterin des Bayerischen Artenschutzzentrums, Ines Langensiepen, ist überzeugt, dass die fachliche und konzeptionelle Zusammenarbeit, ein wertvoller Baustein in der Bündelung von Kompetenzen und Erfahrungen für ganz Bayern darstellen wird.
Ein weiterer konsequenter Schritt dieser Zusammenarbeit war nun heuer die offizielle Partnerschaft mit dem Freistaat. Diese soll viele Vorteile bringen: zum einen natürlich eine Vorbildfunktion, so dass sich in Zukunft weitere Akteure anschließen. Dann auch eine größere öffentliche Wahrnehmung im Verbund mit mehr Schlagkraft und der Hoffnung, das Thema Biotopverbund wieder mehr in den Fokus von Gesellschaft und Politik zu bringen.
Denn eines war allen Beteiligten am Rande des Hundsmoores klar: ein funktionierender Biotopverbund ist die Grundlage zur Lösung zweier der größten aktuellen Krisen unserer Gesellschaft, der Biodiversitätskrise und der Klimakrise. Der Biotopverbund schafft Heimat für unzählige Tier- und Pflanzenarten und fördert mit seinen diversen landschaftlichen Strukturelementen direkt die lokale Biodiversität. Diese wiederum stabilisiert wichtige Ökosysteme, von denen auch die Menschheit entscheidend abhängt. Und, mehr Raum für Natur, Feuchtwiesen, intakte Moore und Auenlandschaften sind auch ein wichtiger Baustein, um den Auswirkungen der Klimakrise effektiv begegnen zu können. Die Bürgermeisterin der Gemeinde Westerheim, Christa Bail, die - wie viele andere Günztal Gemeinden diesen Juni - mit den Folgen von Extremwetter-Ereignissen wie Starkregen umgehen musste, lobt die lange und gute Zusammenarbeit mit der Stiftung. Doch sie sieht den Erfolg nicht nur in der Bewältigung von Wassermassen. Sie ist auch persönlich „berührt von der Schönheit des Hundsmoors“.
Auch Markus Dodel und Tina Rothach vom Weiderindhof Rothach, auf deren Flächen die Partnerschaft besiegelt wurde, trägt mit ihrem Günztal Weiderind zum Ausbau des Biotopverbundes bei. Die ursprüngliche Allgäuer Rinderrasse „Original Braunvieh“, welche sehr robust ist, grast das ganze Jahr über auf den Flächen bei Westerheim. „Durch ihre Beweidung gestalten und pflegen die schönen Tiere die Landschaft, machen aus homogenem Grünland, strukturreiche Landschaften, und schaffen so für viele weitere Arten Lebensraum“, erklärte unser Projektmanager Landwirtschaft, Markus Moser bei einer kurzen Exkursion auf die Weiden. Für Markus Dodel geht die Zusammenarbeit im Projekt Günztal Weiderind, welches auch die Direktvermarktung des Fleisches beinhaltet, voll auf. Und auch Tina Rothach trägt das Erbe ihres Vaters, der „einfach wieder mehr Kühe draußen, auf einer lebendigen Weide sehen wollte“ mit großer Leidenschaft weiter.
Die Verköstigung zum Ausklang der gelungenen Veranstaltung übernahm ebenfalls Familie Rothach, natürlich mit Kostproben ihres Weiderindfleisches.
Michael Nett bedankte sich für die Anerkennung der langjährigen Stiftungsarbeit am Biotopverbund, welche für ihn auch ein ganz persönlicher und bewegender Meilenstein ist.
Mit feierlichem Enthusiasmus verließen alle Beteiligten das schmucke Stück Kulturlandschaft. Wie der Biotopverbund Bayern in 2030 sein wird? Definitiv größer. Darin sind sich alle einig.
Herzlichen Dank an alle Beteiligten vor und hinter den Kulissen.
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