Der Natur Raum geben!
Im Günztal gibt es aktuell nur ein Drittel so viele Biotope wie im landesweiten Durchschnitt und das, obwohl die Günz eine tragende Rolle für das Lebensraumnetzwerk Bayerns besitzt. Doch in Zeiten der Biodiversitätskrise sind solche Biotope von unschätzbarem Wert.
Daher arbeiten wir bereits seit knapp 25 Jahren am Biotopverbund Günztal, einem Lebensraum-Netzwerk aus sogenannten Kerngebieten, Trittsteinen und Verbundachsen. Kerngebiete sind große, zusammenhängende Flächen, welche oft verschiedene naturnahe Biotoptypen umfassen wie beispielsweise Moore, Feucht- oder Streuwiesen. In diesen Gebieten finden unter anderem auch Arten einen Lebensraum, die so spezialisiert sind, dass sie nur noch dort vorkommen. Das Blaukernauge, eine Schmetterlingsart, ist ein solcher Spezialist. Es ist noch im Hundsmoor bei Westerheim und im Kettershausener Ried zu finden. In solchen Kerngebieten fühlen sich aber auch Arten wohl, die weniger spezielle Bedürfnisse haben, sogenannte Generalisten. Trittsteine hingegen sind deutlich kleinere Gebiete, in denen sowohl spezielle Arten als auch Generalisten erst mal alles Wichtige zum Leben finden. Sie dienen den Arten auch als kurze Zwischenstationen für Wanderbewegungen innerhalb der Landschaft. Die Verbundachsen, wie der Name schon sagt, verbinden alle Teilbereiche miteinander. Sie sorgen dafür, dass von einem Kerngebiet in ein anderes gewandert werden und eine stabile Population aufgebaut werden kann. Mit Zwischenstopp auf einem Trittstein oder auch direkt. Verbundachsen sind meist linienförmige Strukturen wie zum Beispiel Ackerrandstreifen, Waldränder, Ufersäume oder Hecken.
Soweit der Plan, das naturschutzfachliche Konzept namens Biotopverbund. Doch um dieses Konzept weiter führen zu können und auszuweiten, fehlt es Naturschutzorganisationen wie uns meist an einem ganz essenziellen Baustein, der Fläche. Doch die ist knapp geworden. Wohnungen, Firmen, Landwirtschaft, Freizeit, Photovoltaik, das alles braucht Platz. Und trotzdem, es ist längst nicht nur Aufgabe des Naturschutzes das Netzwerk des Lebens zu stabilisieren. Kirchen, Verbände, Wirtschaft, Behörden, Landwirtschaft und Private – alle sollen und können hier mithelfen. Und zwar mit einem Stückchen Fläche. Denn das Konzept des Biotopverbundes ermöglicht es, auch kleine Teilflächen in wertvolle Lebensräume zu verwandeln. Mit einigen Gemeinden, Firmen oder Landwirt*innen arbeiten wir bereits seit vielen Jahren eng zusammen und integrieren Straßensäume, Zwickel-Flächen oder sogenannte Eh-da Flächen in kleine Biotop-Bausteine.
Auch im aktuellen Projekt „Insektenfreundliches Günztal“ geht es im Grunde darum, der Natur mehr Raum zu geben. Stark im Fokus stehen hier unsere sogenannten Mikrohabitat-Inseln. Sie bestehen aus fünf wichtigen Lebensraumbausteinen, die Insekten zum Leben benötigen und können unkompliziert auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, auf Firmengeländen oder auch auf bislang ungenutzten Gemeindeflächen angelegt werden. Die Kosten dafür werden komplett von unserem Projekt übernommen. Aber auch großflächige Ansätze wie die extensive Bewirtschaftung landwirtschaftlich genutzter Flächen, die Aufwertung sogenannter Eh da-Flächen von Gemeinden oder die Wiederaufnahme der extensiven Bewirtschaftung brachgefallener Flächen sind Teil des Projektes. All diese Maßnahmen, egal wie klein oder groß sie sind, tragen dazu bei, die Anzahl an Biotopflächen im Günztal zu vergrößern.
Aktuell beträgt die Summe der Flächen, die wir im Projekt als Biotopfläche dazu gewonnen haben, 33 ha und es sollen noch viele Hektar folgen. Unser Aufruf geht daher an alle. Gemeinden, Kirchen, Unternehmen, Vereine, Private, alle sind dazu aufgerufen zu prüfen, ob sie ein kleines Stück Fläche übrighaben, welches nicht genutzt wird und naturschutzfachlich aufgewertet werden kann. Denn im ganzen Günztal liegt noch viel Potenzial für die Erweiterung des Biotopverbundes, da sind wir uns sicher.
Um die Folgen der bereits stattfinden Biodiversitätskrise zumindest abzumildern, müssen wir alle jetzt aktiv werden.
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